Normalerweise ist es relativ ruhig in deutschen Medien, wenn es um Tansania geht. Nun gab es innerhalb weniger Wochen gleich zwei Gründe, über das ostafrikanische Land zu berichten. Erst erfolgte die Aufnahme Tansanias als Hochrisikoland, und dann starb der Präsident nach wochenlanger Abwesenheit. Doch trotz dieser Ereignisse behielten die Einwohner des Landes ihre bekannte Ruhe, es gab keinen Moment, den man als Krise bezeichnen konnte, und die Menschen, die hier im Land ohne Kontakt zu Nachrichtenmedien unterwegs waren, bekamen von alldem nichts mit. Auch die Übergabe der Macht erfolgte weitgehend geräusch- und reibungslos.

Was in anderen Teilen der Welt schon als weitgehend normal empfunden wird, ist in Afrika immer noch eine Schlagzeile wert. Durch den Tod von Präsident John Magufuli Mitte März ist seine Vizepräsidentin Samia Suluhu Hassan ins Rampenlicht gerückt und wird nun den Rest der erst im November 2020 begonnenen fünfjährigen Wahlperiode das ostafrikanische Land regieren.

Wer ist die Frau,

die dem als “Bulldozer” bekannten Magufuli im Amt folgt? Definitiv eher ein Mensch der Versöhnung, der Verhandlung und der sanften Töne. Samia Suluhu Hassan wird allgemein als eine viel diplomatischere politische Figur beschrieben, die unter ihren Kollegen dafür bekannt ist, dass sie die korrekten Verfahren befolgt und Konflikte unter den Abgeordneten ruhig managt.

Geboren 1960

im damals selbstständigen Sultanat Sansibar, begann ihre politische Karriere relativ spät. Sie studierte Verwaltungswissenschaften in Tansania, Wirtschaftswissenschaften in Manchester und Lokale Wirtschafts-Entwicklung in New Hampshire. Im Jahr 2000 wurde sie Mitglied des Repräsentantenhauses auf Sansibar, 10 Jahre später wurde sie als Parlamentsmitglied für ganz Tansania gewählt. Unter Präsident Kikwete stieg sie 2014 zur Staatsministerin für Gewerkschaftsangelegenheiten ernannt und zur stellvertretenden Vorsitzenden der Verfassungsversammlung gewählt, die mit der Ausarbeitung der neuen Verfassung Tansanias beauftragt ist. 2015 machte John Magufuli sie zu seiner Vizepräsidentin.

Und nun erste Präsidentin.

Im Gegensatz zu vielen afrikanischen Regierungswechseln in der Vergangenheit verlief dieser sehr friedlich – und es gibt auch kaum Gründe, warum sich das ändern sollte. Die Regierungspartei CCM, der auch Suluhu Hassan angehört, hält fast alle Sitze im Parlament und regiert ohne Unterbrechung seit der Selbstständigkeit. Die neue Präsidentin gilt als etabliert und hat eine breite Unterstützung unter den moslemischen Bevölkerungsanteil aber auch unter den Anhängern des früheren Präsidenten Kikwete. Ihr Verhandlungsgeschick und ihre Fähigkeit, sich auch in einer männerdominierten Welt zu behaupten, hat sie ihm Rahmen der Ausarbeitung der Verfassung gezeigt. Sie gilt als humorvoll, ruhig und besonnen. Tourismus und Investment, zwei für Tansania extrem wichtige Aspekte, sind ihr nicht fremd.

Auch wenn sie offen

hinter Magufulis Kurs stand, hat sie nicht alle seiner Entscheidungen mitgetragen. So setzte sie sich dafür ein, dass schwangere Mädchen weiter die Schule besuchen dürfen, was der jetzt verstorbene Präsident strikt ablehnte. Für Aufmerksamkeit – und Aufregung – sorgte sie, als sie den stärksten Oppositionskandidaten nach einem Mordanschlag auf ihn im Krankenhaus besuchte. Analysten trauen ihr zu, das in den vergangenen sechs Jahren tief gespaltene Land zu vereinen und auf Zukunftskurs zu bringen. Wesentlicher Faktor dafür wird ihre Politik in Sachen Corona-Pandemie sein. Alle erwarten, dass sie sie gegenüber der Welt in dieser Frage öffnet und den strikten Leugnungskurs ihres Vorgängers beendet.

Das wird auch erhebliche

Auswirkungen auf den Tourismus haben. Gegenwärtig weiß die Reisewelt nicht, wie sie mit Tansania umgehen soll, weil es seit Mai 2020 keine offiziellen Daten über Erkrankungen aus dem Land gab. Tansania gilt allerdings aufgrund seiner Größe und der vornehmlich landschaftlichen Attraktionen nach wie vor als sicheres Reiseland, in dem die Ansteckungsgefahr für Urlauber sehr gering ist. Mit größerer Transparenz, so hofft die Tourismus-Wirtschaft in Tansania, wird es auch anderen Ländern wieder möglich sein, die Reisebeschränkungen für Tansania zu lockern, so dass spätestens im Sommer der Traumurlaub am Kilimandscharo, in der Serengeti oder auf Sansibar wieder relativ einfach zu verwirklichen sein sollte.